Die dringende Anfrage an LR Tratter, Landtagssitzung vom 4.7.2019:
Dringende Anfrage der Abgeordneten KO Dominik Oberhofer (NEOS-Landtagsklub), KO Dr. Georg Dornauer (SPÖ-Landtagsklub), Dipl. Ing. Evelyn Achhorner (FPÖ-Landtagsklub), KO Dr.in Andrea Haselwanter-Schneider (Fritz-Landtagsklub) u. a.
an LR Mag. Johannes Tratter
betreffend:
Ende des „MCI-Neubaus“: Welche Fehler wurden bei Projektierung und Abwicklung auf Auftraggeberseite begangen und wie lassen sich diese bei künftigen Projekten vermeiden?
„Luftsprung mit Bauchfleck“ titelte der Dekan der Architekturfakultät der TU Wien in einem Artikel in der Presse vom 22.12.18 über die Vorgänge um das MCI und ortet einen politischen Skandal.
Statt der geplanten Eröffnung des Neubaus des Management Center Innsbruck auf dem Fennerareal kam es nach Verzögerungen und nicht belegbaren Schuldzuweisungen 2018 zu einem abrupten, endgültigen Projektstopp. Die direkten Folgen sind eine fragwürdige Neuausschreibung und Rechtsstreitigkeiten um ausstehende Honorare und anfallende Entschädigungszahlungen, die zu einer Rufschädigung aller Beteiligten führen.
Zum Verlauf:
2016 konnten die renommierten Architekten Loudon, Habeier und Kirchweger den EU-weit ausgeschriebenen zweistufigen Wettbewerb um die Vergabe des Projekts mit einem einstimmigen Votum der hochkarätigen Jury für sich gewinnen. In Folge wurde ein Generalplanerteam mit einem ebenfalls ausgezeichneten Innsbrucker Architekturbüro, sowie anerkannten Fachplanern zusammengestellt und mit der Abwicklung beauftragt. Die Projektsteuerung hingegen sollte seitens der Abteilung Landeshochbau abgewickelt werden.
Bereits die Vorentwurfsplanung gestaltete sich schwierig. Aus dem vom Auslober – protokolliert zugegeben – fälschlich angenommenen Verhältnis von Bruttogrundfläche zu Nettonutzfläche ergaben sich eine Kubatur und daraus resultierend erwartete Bauwerkskosten, die viel zu niedrig bemessen waren. So basierte der Kostenrahmen auf einem Faktor von 1,54 (BGF/NNF), wobei für Flochschulbauten ein Faktor von 1,8 – 2,0 im Alltag Anwendung findet. In Anerkennung dieser Tatsache erhöhte die Abteilung Landeshochbau für die Bemessungsgrundlage des Honorars der mündlichen Beauftragung den Kostenrahmen für die Bauwerkskosten von ursprünglich € 48 Mio. auf nunmehr €52 Mio.
Während dieser Vorentwurfsphase wurden an den Generalplaner von Auftraggeberseite zusätzliche Anforderungen herangetragen, die dieser nicht abweisen konnte und sie daher in die weitere Planung miteinbezogen hat. Der Generalplaner zeigte die hieraus entstehenden Mehrkosten auch in Hinblick der Einhaltung der Bau Werks kosten auf. Es ist Aufgabe der Projektsteuerung, zusätzliche Anforderungen abzuweisen oder andernfalls eine Erhöhung des Kostenrahmens zu erwirken!
Durch die zusätzlichen Anforderungen, die im Wettbewerb nicht vorgesehen waren, aber in Abstimmung mit der Projektsteuerung eingearbeitet wurden, beliefen sich die Bauwerkskosten zwischenzeitlich auf € 56 Mio. Dies wurde von der damals zuständigen Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf nicht akzeptiert und ein erster Projektstopp wurde angeordnet.
Nachdem das Justiziariat die Umstände durch das fälschlich angenommene Verhältnis BGF/NNF zur Kenntnis genommen hatte, wurde der Generalplaner mit einer Reduktion des MCI-Projekts auf Bauwerkskosten von € 51 Mio. beauftragt. Die hierfür notwendigen Änderungen wurden vom Auftraggeber vorgegeben und mit dem Nutzer abgestimmt, was schließlich die Fortführung des Projekts zur Folge hatte.
Noch ohne schriftlichen Vertrag, der bis September 2017 zugesagt war, liefen die Planungen unter Mitwirkung der Fachplaner (ca. 50 Mitarbeiterinnen) weiter. Der bereits Ende 2016 von der Abteilung Landeshochbau übermittelte und mit dem Generalplaner weitgehend abgestimmte Vertragsentwurf wurde verworfen. Stattdessen lagerte das Justiziariat die Vertragserstellung an einen externen Berater, Rechtsanwalt Dr. Schöpf, aus.
Rechtsanwalt Dr. Schöpf, der im Gegensatz zur Abteilung Landeshochbau das Wettbewerbsergebnis zuvor bereits in Frage gestellt und eine Neuausschreibung befürwortet hatte, arbeitete bis November 2017 einen Vertragsentwurf aus. Dieser war jedoch in vielen Teilen für den Generalplaner nicht akzeptabel, weswegen die Vertragserstellung bis Ende März 2018 andauerte. Gleichzeitig sollte die Abgabe des vertieften Vorentwurfs aber Ende Mai 2018 liegen. Nicht zuletzt wegen berechtigter Forderungen der Fachplaner und um Honorarabgeltungen erhalten zu können, war der Generalplaner genötigt den Vertrag zu akzeptieren.
Dem Generalplaner wurde aufgetragen, die im Juli 2017 im Zuge der Reduktion angeordneten Einsparungen bei Elektrotechnik in einer Optionenliste zu führen, damit über diese Optionen auftraggeberseitig ein eigener Beschluss erwirkt werden könne. Bei der Projektvorstellung in der Abteilung Landeshochbau (inkl. Anwesenheit des Justiziariats) wenige Tage vor Abgabe des Vorentwurfs wurde vom externen Rechtsberater des Justiziariat gefordert, dass der Generalplaner Optionen im Ausmaß von 1,6 Millionen € in das Projekt aufzunehmen hat. Somit wurden die Bauwerkskosten um eben diese Summe überschritten. Der Generalplaner hat eindeutig dargestellt, dass es sich bei den Optionen um Zusatzwünsche handelt und das MCI-Projekt mit den vertraglich vereinbarten Bauwerkskosten umsetzbar sei. Die Abteilung Landeshochbau, die die Projektsteuerung damals betreute, hat in einer peniblen Plausibilitätsprüfung die Richtigkeit der Kostenschätzung des Generalplaners bestätigt. Statt nun zum abgegebenen Vorentwurf Stellung zu nehmen oder falls erforderlich eine Überarbeitung anzufordern, wurde der Neubau des MCI durch Landesrat Tratter gestoppt, über die Medien eine Kostenexplosion von 70% behauptet und jegliche Kommunikation zur Richtigstellung zwischen Generalplaner und Auftraggeber unterbunden.
Unstimmigkeiten:
Im Sinne der SteuerzahlerJnnen die Kostenobergrenze niedrig zu halten und gegebenenfalls hierfür notwendige Schritte einzuleiten, ist legitim. Weitreichende Entscheidungen wie die eines absoluten Projektstopps, um einer vermeintlichen Kostenexplosion vorzugreifen, ohne eine nachvollziehbare Auflistung der verursachenden Posten, entbehren jedoch jeder sachlichen Argumentation.
Es stellt eine nicht hinnehmbare und völlig verfehlte Kommunikationspolitik dar, renommierte Planungsbüros über den Verlauf des Projekts, respektive dessen Einstellung, via Medien in Kenntnis zu setzen.
Die mit der Projektsteuerung betraute Abteilung Landeshochbau hat zusätzliche Anforderungen ins Projekt aufgenommen in der Annahme, dass bei einem so wichtigen Projekt im Interesse des Landes der zu niedrig angenommen Kostenrahmen nach oben korrigiert werden könnte, wie es bei der Neuausschreibung ja tatsächlich auch möglich zu sein scheint. Für den Generalplaner war nicht ersichtlich, dass der Abteilung Landeshochbau hier der Rückhalt beim Justiziariat fehlt.
Das Justiziariat – beziehungsweise dessen externer Rechtsberater – versuchte dem Generalplaner unwirtschaftliche Planung zu unterstellen und damit den zu niedrig angenommen Kostenrahmen zu vertuschen. In seiner Plausibilitätsprüfung bestätigte der Leiter der Abteilung Landeshochbau, dass der Generalplaner mit seiner Kostenschätzung den Vertrag erfüllen könne Die Kostenexplosion von 70 % ist eine vom Justiziariat oder von Landesrat Tratter konstruierte Behauptung. Auch der ursprünglich vom Land mit der Prüfung der Kosten beauftragte Baumanager Malojer bestätigt die seröse Arbeit des Generalplaners. Nachdem er sich in Tirol heute dazu öffentlich geäußert hat, wurde er nun geklagt.
Sehr geehrter Herr Landesrat Tratter, durch den auf fragwürdiger Grundlage basierten Stopp des Projekts und Ihren Umgang mit dem Generalplaner-Team, wurde der Reputation der Stadt Innsbruck, des Landes Tirols und nicht zuletzt der Marke MCI selbst, nachhaltig geschadet. Deshalb fordern wir eine Klarstellung der Faktenlage, die Sie zum Stopp bewogen hat, einen neuen Dialog mit dem Generalplaner abseits der Gerichte und Verbesserungsvorschläge, wie solche Debakel künftig vermieden werden können. Die Stadt Innsbruck hat sich durch zahlreiche Architekturwettbewerbe als Vorzeigestadt hervorgetan, diesen Ruf gilt es nun zu wahren. Die Architektenkammer hat bereits schriftlich mitgeteilt, dass sie das von ihnen präferierte Verfahren für die Neuausschreibung nicht unterstützt, da es keinem fairen, anonymen, transparenten Verfahren entspricht, wie es die Wettbewerbsordnung der Architektenkammer vorsieht. In der Sendung Tirol heute sprechen Sie von Projektsicherheit des neuen Verfahrens ohne dazu zu sagen, dass diese Projektsicherheit für den Auftraggeber deutlich höhere Kosten bedeutet.
Aus diesem Sachverhalt ergeben sich folgende Fragen:
- Warum wurde der von der Abteilung Landeshochbau 2016 vorgeschlagene und mit dem Generalplaner weitgehend abgestimmte Generalplaner Vertrag im Juli 2017 verworfen?
- Warum wurde stattdessen vom Justiziariat der externe Berater Rechtsanwalt Dr. Schöpf mit der Vertragserstellung betraut?
- Wer hat die Beauftragung von Rechtsanwalt Dr. Schöpf politisch veranlasst?
- Wann ist Rechtsanwalt Dr. Schöpf mit der Vertragserstellung betraut worden?
- Welche Gründe waren ausschlaggebend dafür, Rechtsanwalt Schöpf mit diesen Aufgaben zu betrauen?
- Wieso haben Sie angenommen, dass bei der Generalplaner-Vertragserstellung, mit Bedacht auf seine Angriffe bereits auf das Wettbewerbsergebnis, bei RA Dr. Schöpf kein Interessenkonflikt vorlag?
- Wieso wird angenommen, dass durch seine Beteiligung sowohl an der Betreuung des Wettbewerbsprojekts als auch der Neuausschreibung seitens RA Dr. Schöpf kein Interessenkonflikt vorlag?
- Weshalb wurden seitens der Abteilung Landeshochbau, keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, Zusatzanforderungen abzuwehren, obwohl durch die Generalplaner schon auf erhöhte Bauwerkskosten hingewiesen worden ist?
- Wie lässt sich vermeiden, dass Auftragnehmer in einen internen Machtkampf zwischen Abteilungen des Landes Tirol geraten?
- Inwiefern sehen Sie die Beauftragung der Abteilung Landeshochbau mit der Projektsteuerung ohne deren Rückhalt beim Justiziariat mitverantwortlich für den Projektstopp?
- Weshalb ist für Sie eine (gegebenenfalls leicht abgeänderte) Fortführung des ursprünglichen Projekts, unter Einhaltung vorgegebener finanzieller Aspekte nicht sinnvoller als eine etwaige Neuausschreibung?
- Warum wurde die Abteilung Hochbau de facto vom Projekt abgezogen und nicht wenigstens in beratender Funktion den Entscheidungen von RA Dr. Schöpf und dem Justiziariat zur Seite gestellt?
- Ist die Beratungsleistung, für die die Firma ILF eingesetzt wird, ausgeschrieben worden?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, in welchen Medien?
- Wenn ja, wer hat die Leistungen noch angeboten?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welches Honorar erhält die Firma ILF?
- Welche Aufgaben hat die Firma ILF konkret?
- Welche Qualifikationen kann das Unternehmen ILF vorweisen?
- Warum ist aus Ihrer Sicht des Unternehmens ILF besser qualifiziert als die Generalplaner?
- ILF sollte unseres Wissens nach nur die Kostenschätzung prüfen und die Neuausschreibung betreuen und nicht den Generalplaner ersetzen. Ist diese Information korrekt?
- Wenn ja, warum ist schlussendlich eine völlig andere Entscheidung getroffen worden?
- Warum haben Sie zum abgegebenen Vorentwurf nicht in angemessener und üblicher Form Stellung genommen?
- Warum haben Sie nicht zunächst eine Überarbeitung des abgegebenen Vorentwurfs verlangt?
- Warum haben Sie für die Medien Kostenüberschreitungen konstruiert?
- Warum haben Sie keine klärenden Gespräche mit den Generalplanern geführt und den Kontakt eingestellt?
- Warum sind Sie bis heute nicht der vertraglich festgelegten Verpflichtung nachgekommen, die behauptete Kostenüberschreitung zu belegen, um dem Generalplaner die Möglichkeit der Stellungnahme zu geben?
- Wie ist es möglich, dass bis heute keine nachvollziehbaren Kalkulationen vorliegen, die die behauptete Kostenexplosion belegen?
- Warum forderte das Justiziariat vom Generalplaner die Aufnahme von Optionen im Millionenwert in das Projekt, mit dem Ziel der Erhöhung der Projektkosten?
- Kennen Sie das Gutachten einer vom MCI beauftragten Anwaltskanzlei?
- Ist Ihnen bekannt, dass die Anwälte in diesem Gutachten zum Schluss kommen, dass eine Neuausschreibung nicht notwendig ist?
- Warum ignorieren Sie kontinuierlich Expertenmeinungen?
- Warum wird in den Medien auf drei Gutachten zur Notwendigkeit einer Neuausschreibung hingewiesen, wenn es tatsächlich nur eine „gutachterliche Stellungnahme“ gibt, die auf von RA Dr. Schöpf gelieferten Grundlagen basiert?
- Das Generalplaner-Team setzt sich aus sorgfältig ausgewählten und teilweise auch in Tirol ansässigen Firmen zusammen, die über anerkannte Kompetenzen verfügen. Warum wird den Generalplanern pauschal unwirtschaftliche Planung unterstellt, sowie die grundlegende Planungskompetenz abgesprochen (wie in der Landtagssitzung vom 27.03.2019 von Ihnen angesprochen)?
- Warum wird den Bausachverständigen, die sich konstruktiv für die Umsetzung des Projektes einsetzen, wie die Abteilung Landeshochbau oder der als externer Berater zugezogene Baumanager Malojer, kein Gehör geschenkt, sondern nur dem externen Rechtsberater, der vom Scheitern des Projektes und der Neuausschreibung profitiert?
- Können Sie sicherstellen, dass es bei einer Neuausschreibung nicht zu vergaberechtlichen Einsprüchen und weiteren Verzögerungen kommen wird?
- Stimmt es, dass für das neue Projekt € 130 Mio. veranschlagt sind?
- Ist Ihnen bekannt, dass das Generalplaner-Team und der Bausachverständige Malojer von Gesamtkosten des bisherigen Projekts inkl. Valorisierung von € 120 Mio ausgehen?
- Wenn ja, warum zweifeln Sie an den Aussagen und Berechnungen der Experten?
- Wie werden die Mehrkosten von mindestens € 10 Mio beim neuen Projekt zuzüglich € 4 Mio. jährlich durch die Verzögerung gerechtfertigt?
- Welche Mehrkosten fallen für das bisherige Verfahren und den Rechtsstreit mit den Generalplanern an?
- Das international renommierte Ingenieurbüro Dr. Pfeiler bestätigt, dass die Fassade des MCI-Projekts hochwertig und für ein Niedrigstenergiehaus geplant ist. Warum bezeichnen Sie die Fassade öffentlich wider besseres Wissen als energietechnisch am untersten Level?
- Von wem werden Sie in technischen Fragen beraten?
- Welche Beraterhonorare fallen zusätzlich an?
- Ist es richtig, dass gegen den Baumanager Malojer von Ihrer Seite eine Klage eingebracht worden ist?
- Aus welchem Grund haben Sie die Klage eingebracht?